Fashion

You’ن’us Fashion

Fashion without Models

WIR BRAUCHEN KLEIDUNG.

Die klassischen drei Gründe, warum der moderne Mensch sich anzieht, sind: Schutz, Bescheidenheit und Ornamentik. Das sogenannte alte Motivationsdreieck. Erst Kiener und Flügel haben Kleidung v
on diesem Dreieck befreit und eine semiotische Aufgabe gegeben. Der Mensch drückt sich dadurch aus, protestiert. Dazu möchte ich mit einem Statement erstmal starten: Ich liebe Kleidung „mein Outfit ist mein zweites Gesicht“ wie Roland Barthes ungefähr sagt. Für mich, ist es ein Weg meine Kreativität zu erleben und freien Lauf zu lassen. 

 
Erstmal zu den Begrifflichkeiten: Mode und Fashion werden in diesem Artikel als Synonyme verwendet. Fashion wird eingeschränkt zu Kleidung, womit Lefebvre nicht unbedingt einverstanden wäre. Weil nach ihm ist Fashion-als System-mehr als Kleidung. In Fashion sind Literatur, Architektur und Musik miteinbezogen. 
Die letzten Jahre wurde viel darüber gesprochen, vor allem im Kontext der Klimakrise, wie global umweltschädlich und lokal unfair die Fashionindustrie ist. Umweltschaden wird durch Transport und Anbau von wasseraufwendiger Baumwolle verursacht. Und ungerecht ist die Industrie, wenn man die Arbeitsbedingungen und die Vergütung der Mitarbeiter beobachtet, insbesondere die der Fabrik-arbeiter.  

Es wird aber wenig über den Einfluss von Fashion auf die Psyche des Menschen geredet. Fashion ist eine Industrie. Von Menschen für Menschen. Der Mensch kommt an verschiedenen Stellen zum Einsatz. Vom Entwerfen und Designen bis zur Produktion und Vermarktung.  

In letzterer ist der Mensch am sichtbarsten. THE MODELS. Was ist ein Modell/Model? Im Deutschen benutzt man beide Schriftweisen je nach Kontext. Model im Englischen bedeutet „ein gutes Beispiel“. Wie das finnische Bildungssystem ist a „Model“, ein Vorbild. Auch im Englischen kann das Wort eine Person beschreiben, die Kleidung für werbliche Zwecke trägt. Modell ist im deutschen ein Abbild der Wirklichkeit, ein vereinfachtes. In seiner Modelltheorie geht Stachowiak darauf ein, dass ein Modell nie die Attribute des Originals erfasst. Man darf also nie ein Modell/Model mit der Realität angleichen. Im Fashion-Kontext übernimmt die deutsche Sprache das englische Wort MODEL oder MANNEQUIN. MODELS<>SELDOM.  

Fashion fehlt viel Diversität. Und das seit langem. Designer bekamen viel Kritik, gerade im letzten Jahrzehnt, weil sie wenige Models of Colour einsetzen. Es liefen schon ab und an Mounia, Naomi oder Aoki auf die Runways. Sie waren aber seltene Beispiele. SELDOM MODELS. Der Definition nach waren sie perfekte Beispiele. Sie haben die Erwartungen erfüllt. Zu dünn (MagerModels), perfekte Nase (Winkel zwischen Oberlippe und Unterrand der Nase 100-110°), und Lippen ungefähr so breit wie die Länge der Nase.  

Unterschiedliche Models haben sich in einer Vogue-Reihe über die gefährlichen Macht-Dynamiken in Modelling geäußert. Sie erzählten wie ihre Kolleginnen für die Industrie gestorben sind, weil sie stark versucht haben den Idealen zu entsprechen, konnten aber nicht. Oder wie andere „ihre Seelen verkauften“ um auf ein Cover zu sein (Carol Alt). Selena Forrest musste ihre Haare vor jeder Show glätten, weil Afros nicht schön sind. Der Mensch weiß also wie mental erschöpfend diese Industrie ist.  

 Warum all die Missetaten, wenn man MODE WITHOUT MODELS präsentieren kann. 

Fashion übt auch indirekt psychischen Druck auf den Menschen aus, insbesondere auf die Konsumenten. In einer Studie (Bond 2008) wird dokumentiert, dass Männer, ausgesetzt zu Bildern mit muskulösen und schlanken Körpern, unzufriedener werden. Und das ist normal. Als soziale Wesen vergleichen wir uns mit anderen, um uns selbst besser kennenzulernen oder zu verbessern. Das ist Festinger´s Theorie des sozialen Vergleichs. Die Gefahr ist aber, wenn wir mediale Standards als einzige Quelle der Inspiration empfinden. Tucci und Peters (2008) zeigten wie das ideale Körpergewicht, das in den Medien geschildert ist, 15% leichter als der Durchschnitt aller Frauen in Großbritannien. Außerdem kamen sie zu dem Schluss, dass Massenmedien-als soziokultureller Faktor-ein Risikofaktor für Essstörung seien. 

Wir sollten noch in Betracht ziehen, dass die Teilnehmer beider Studien die Bilder idealer Models einmal gesehen haben. Welchen Effekt gäbe es, wenn sie wiederholend mit solchen Bildern konfrontiert sind? Es ist möglich, oder? Gerade in Zeiten von Instagram und TikTok in dem wir bombardiert werden mit Werbungen? Welchen Einfluss hat es auf Menschen mit psychischen und biologischen Schwächen? Würde es nicht reichen, wenn Klamotten einfach hängen?  

Menschen sind viel diverser und das muss Fashion verstehen. Diese Diversität muss auch auf Runways-oder irgendeinem Medium der Vermarktung-präsentiert werden. Vertretung (representation) ist sehr wichtig. Und das nicht nur in Fashion. Dadurch wird beeinflusst, wie Unterschiede wahrgenommen werden. Für ein Kind mit Behinderung ist es sehr bedeutungsvoll ein Model mit Behinderung in einem Werbespot zu sehen. Kleinwüchsiger (Mikrosomie) Designer oder ehemalige Strafgefangene auf red carpets. Noch viele Gruppen, die vielleicht gar nicht kenne, sind unsichtbar.  

Klar ist, dass es nahezu unmöglich ist alle marginalisierten Gruppen zufrieden zu stellen. Möglicherweise könnte MODE WITHOUT MODELS eine Lösung darstellen. 

 In den letzten Jahren sind ein paar Hashtags aufgetaucht wie #self_love und #bodypositiviy, meistens von Frauen, die sich mit den Fashionmodels physisch nicht identifizieren konnten. Dies hat die Fashion-Industrie induziert zu reagieren. Man sah etwas mehr Diversität. Curvy sowie modest models. Ich habe nichts gegen Körper-Enthusiasmus und dass viele mit den konservativen Schönheitsidealen aufräumen möchten. Die Bewegung übertrifft Selbstliebe und fördert Fairness. Es ist aber immer die Attraktivität im Vordergrund. Das ist aber nicht so schlimm. Gegen eins habe ich aber ein Problem, und zwar was für einige ein Kampf ist, ist für andere Geldmacherei. Das kann der Kapitalismus sehr gut. Wie viele Designer haben #BLM im Vordergrund benutzt , wo sie einen sehr weißen Hintergrund haben. Paloma Elsesser (Curvy-Model) sagte in einem Interview mit Vogue: „Ich habe Angst, dass wir nur ein Trend sind“. Und Trends werden obsolet, irgendwann nutzlos. 

 

Wie organisch diese Reaktion der Industrie ist? Wie nachhaltig? Kann keiner in dem Moment wissen. 

 

 


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